#49 "Meikurumu" (2015)

"Meikurûmu"

aka

"The Make-Up Room"

Ein Raum, eine Maskenbildnerin und fünf Pornodarstellerinnen. Das ist die Ausgangslage für Kei Morikawas Kammerspiel. Der Film zeigt die Arbeit hinter den Kulissen eines Erotikfilmes und beschränkt sich dabei ausschließlich auf den Raum, in dem die Mädchen hergerichtet werden und sich umziehen.

Später verlagern sich Teile der Dreharbeiten des Pornos in den Raum. Das Kamerateam dreht Interview-Szenen mit den Darstellerinnen und die Maskenbildnerin muss kurzzeitig Platz machen.

Der Ensemblefilm spielt mit dem Zuschauer. Explizit pornographische Szenen werden vermieden und höchstens hier und da angedeutet. Es wird mehr darüber gesprochen als das es gezeigt wird. Selbstreflexiv behandeln die Schauspielerinnen ihre Arbeit; gleichzeitig bricht Morikawa die imaginäre Wand zwischen Zuschauer und Film auf indem das Publikum in machen Szenen direkt adressiert wird.

Die fünf Erotikdarstellerinnen haben alle unterschiedlichen Background und verschiedene Erfahrungslevel in der Branche. Die Maskenbildnerin fungiert als Vertrauensperson für die Frauen. Sie spricht ihnen Mut zu, macht Späße und hat ein offenes Ohr für ihre Probleme. Generell wirkt die Stimmung hinter den Kulissen sehr fröhlich. Die Darstellerinnen werden zuvorkommend behandelt.


Der Film normalisiert dadurch ein Stück weit die Pornoindustrie. Indem Bereiche der Arbeitswelt gezeigt werden, die normal nicht zugänglich sind, entsteht ein Artikulationsraum für Personen, die dieser Professionalität nachgehen. Die Frauen werden auch nicht als Opfer einer schmuddeligen Industrie dargestellt. Die Tatsache, dass eine komödiantische Handlung in diesem Rahmen möglich ist, verstärkt das Verständnis für die Darstellerinnen und für alle, die an einem solchen Dreh beteiligt sind. Im Endeffekt ist es für sie ein Job wie jeder andere auch.

Regisseur Kei Morikawa weiß wovon er spricht. Er war zuvor 20 Jahre in der Erotikbranche und hat in dieser Zeit bei über 200 Pornos Regie geführt. Mit seinem Hintergrundwissen gelingt ihm in "Make-up Room" ein nüchternes Porträt einer missachteten Branche.

Morikawa schließt eine Lücke in der japanischen Filmwelt. Blieben die Hardcore-Filme und die Softcore Produktionen, die sogenannten Pinku Eiga, bislang weitestgehend unkommentiert für sich stehen, so betrachtet "Make-Up Room" die Entstehung eines solchen Filmes in einer nicht-erotischen Herangehensweise. Quasi dokumentarisch, mit einfachen Mitteln der Inszenierung blickt er als Insider von Außen auf die Branche. Anders als die Pinku-Eiga verklärt er die Sexulität nicht in einer künstlerisch hochstilisierten Ästhetik oder Esoterik, sondern benutzt Mittel des Theaters, um die Pornoproduktion in einem realistischen und menschlichen Licht zu zeigen.

Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet, so dass 2016 eine Fortsetzung mit dem Titel "Make-Up Room 2" (2016) veröffentlich wurde. Der Erfolg des ersten Teils spricht für die Neugier des Publikums mehr über solche Lebensentwürfe zu erfahren. Zwar gab es mit "Kabukicho Love Hotel" bereits 2014 einen großen Hit, der sich unter anderem mit dem Thema der Sexarbeit in Japan auseinandersetzte, aber er tat dies in einem weniger explizit auf die Pornoindustrie ausgerichteten Rahmen. Zählt man noch "Skinless Night" von Rokuru Mochizuki aus dem Jahr 1991 dazu, dann bildeten diese zwei Titel bislang den kleinen Korpus an Filmen, die sich dieser Thematik widmeten. Umso interessanter, dass es mit "Make-Up Room" nun einen Neuzugang gibt, der zudem von Menschen aus der Pornoindustrie produziert wurde.

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