Akira Kurosawa

Akira Kurosawa (1910-1998, 33 Filme, Regisseur)


Akira Kurosawas Filme erzählen von Menschen am Limit. Die Anliegen der Japaner auf die Leinwand zu bringen – mit Natürlichkeit anstatt Exotik – und globales Verständnis dafür zu schaffen sind die Grundpfeiler seiner Arbeit. Kurosawa bringt die Dynamik ins japanische Kino. Schnelle Kamerafahrten, Massenszenen und der Verzicht auf Abstraktionen bedeuten eine Absage an die statischen Produktionstechniken der heimischen Filmindustrie und eine Annäherung an westliche Vorbilder.

Im Alter von 26, nach dem Selbstmord seines Bruders, hängt Kurosawa die Profession des Malers an den Nagel und hofft beim Studio PCL auf ein gesichertes Einkommen. Die unkonventionelle Ausbildung unter Kajiro Yamamoto konzentriert sich nicht nur auf Regiearbeit, sondern umfasst alle Bereiche des Filmemachens. Kurosawa schwört auf ein gut ausgearbeitetes Drehbuch, dessen Grundlage interessante Charaktere sind. Als einer der ersten Filmemacher führt er Intellektuelle, Forscher, Künstler, und Politiker als Hauptprotagonisten ein. Sein malerisches Talent nutzt er weiterhin bei der Erstellung von Storyboards, die er beim Dreh anfertigt, um der Crew kurzfristige Änderungen zu visualisieren.

Mit Hilfe von Multi Camera Set-Ups nimmt er aus mehreren Perspektiven gleichzeitig auf, um zu verhindern, dass die Schauspieler für eine bestimmte Kamera spielen. Im Unwissen über die später verwendete Perspektive sollen sie sich von der Künstlichkeit der Aufnahmesituation befreien. So gelingt es Kurosawa menschliche Tiefe in die Darstellung zu bringen.

Seine ersten Gehversuche als Regisseur stehen im Zeichen der politischen Einflussnahme und Zensur. "The Horse" (1941), "Sanshiro Sugata" (1943/45), "The Most Beautiful" (1944) sollen die Moral des Volkes stärken und die Militärregierung sorgt dafür, dass Filme wie "The Man who tread on the Tigers Tail" (1945) stark gekürzt werden. Anders als bei späteren Produktionen dreht Kurosawa mit wechselnden Besetzungen und probiert sich an verschiedenen Genres aus. Nach Kriegsende folgt der revisionistische "No Regrets for Our Youth" (1946), der ideologisch eine 180-Grad Wende vollzieht und kritisch auf die Geschichte Japans zurückblickt. Ab den 50er-Jahren beginnt mit "Rashomon" (1950) eine goldene Ära und zugleich die 15-jährige Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Toshiro Mifune. Insgesamt 16 Kollaborationen, darunter "Seven Samurai" (1954) und "The Hidden Fortress" (1958), entstehen während dieser Zeit, in der Mifune neben Takashi Shimura ("Ikiru" 1952) zum Gesicht seiner Filme wird. Der Gewinn des Oscars und der Goldenen Palme in Cannes bringen weltweite Anerkennung und geben Kurosawa die Mittel seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.

Nach "Red Beard" (1965) endet die Zusammenarbeit mit Mifune und Kurosawa fällt, bedingt durch eine gescheitere Karriere in Amerika und einem Suizidversuch, in ein tiefes Loch. Er hat Probleme seine Filme in Japan zu finanzieren und lässt sich auf internationale Koproduktionen ein. In der Ära des Farbfilms angekommen entstehen lange historische Epen ("Dersu Uzala" 1975, "Kagemusha" 1980, "Ran" 1985), aber auch kürzere experimentelle Filme, die sich mit der nuklearen Bedrohung ("Rhapsody in August" 1991) auseinandersetzen.

Der aus einer Samuraifamilie abstammende Filmemacher revolutioniert auch das Genre des Historienfilms (Jidaigeki), indem er es aus dem starren Rahmen der Studioproduktionen heraus nimmt und auf echte Kulissen und Kostüme setzt. Gegen die Konventionen gerichtet entstehen so inspirierende Werke wie "Yojimbo" (1961) und "Sanjuro" (1962), die die Wut gegenüber einem engen gesellschaftlichen Korsett zum Ausdruck bringen. Dabei steht der noble Held im Vordergrund, der sich für die gute Sache opfert. Gleichzeitig sind seine Dramen geprägt von den Figuren des japanischen Noh-Theaters und Kurosawa bringt diese mit Adaptionen westlicher Stoffe in Einklang. Die Verfilmungen der Werke von Dostojewskij ("The Idiot" 1951) und Maxim Gorky ("The Lower Depths" 1957) sowie der auf Einladung der sowjetischen Regierung produzierte "Dersu Uzala" (1975) bezeugen Kurosawas Faszination von dem nicht immer friedvoll gestimmten Nachbarland. Den künstlerischen Dialog setzt er in "Throne of Blood" (1957), "The Bad Sleep Well" (1960) und dem oscarprämierten "Ran" (1985) fort, die sich den Stoffen von William Shakespeare widmen. Schließlich findet Kurosawa in George Lucas, Steven Spielberg und Francis Ford Coppola drei Hollywood Schwergewichte, mit denen er mehrere Projekte ("Kagemusha" 1980, "Ran" 1985, "Dreams" 1990) realisiert.

Zu seinem japanischen Kernteam zählt bereits ab 1948 der Komponist Fumio Hayasaka ("Drunken Angel" 1948, "Stray Dog" 1949, "Scandal" 1950) und der Kameramann Asakazu Nakai ("One Wonderful Sunday" 1946, "High and Low" 1963). Später führen Takao Saito ("Madadayo" 1993) und Shoji Ueda ("Kagemusha" 1980) die Kameraarbeit weiter. Im Jahr 1959 gab Kurosawas Arbeitgeber, das Filmstudio Toho, dem Regisseur grünes Licht für eine eigene Produktionsfirma. Die Firma hat bis heute Bestand und wird von Akira Kurosawas Sohn, Hisao geleitet. Zu Lebzeiten setzte sich Kurosawa zudem für die Ansprüche der Regisseure ein und brachte wichtige Änderungen im Bereich des Urheberechts auf den Weg.

Vielbegabt und furchtlos, mit empathischem Fokus auf das Visuelle. Die Verwendung von Regen und Nebel als stilistische Mittel, seine heißgeliebten Pferde ("Song of the Horse" 1970) oder die untypische Verwendung klassischer Musik. Das Alles sind nur kleine Teile dessen, was Kurosawa als Markenzeichen hervorgebracht hat und ihn weltweit zu einem Vorbild für Generationen von Filmemachern und Aushängeschild des japanischen Kinos werden ließ. Sein filmisches Erbe lebt nicht nur durch die Bemühungen seiner Kinder, sondern auch in den Werken neuer Regisseure weiter, die dem humanistischen Ethos des Großmeisters und seinem Glauben an das Gute im Menschen folgen.

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