#30 "Chûgoku no chôjin" (1998)

"Chûgoku no chôjin"

aka

"The Bird People in China"

Wada, gespielt von Masahiro Motoko (u.a. "Nokan" 2008), arbeitet im Büro eines Energiekonzerns. Als sein Kollege krank wird, muss er an dessen Stelle nach China reisen, um den Kontakt zu einer firmenzugehörigen Jade-Mine aufzunehmen.

Auf seinen Fersen folgt ihm Ujiie, der zu einem Yakuza Clan gehört, dem der Konzern Geld schuldet. Unbemerkt folgt er ihm nach China.

In China angekommen finden die beiden schnell zusammen und setzen ihre Reise gemeinsam, mit einem einheimischen Guide, fort. Um in das abgelegene Dorf zu gelangen, müssen sie immer tiefer in den Dschungel. Abseits der Wege sind sie auf primitive Fortbewegungsmittel angewiesen und schließlich zu Fuß unterwegs.

Durch einen Unfall verliert ihr Guide das Gedächtnis und kann sie nicht mehr weiterführen. Schließlich werden sie von den Einheimischen aufgegriffen und in das Dorf geführt.

Dort angekommen erfahren sie von der Besonderheit des Dorfes. Laut einer alten Sage können die Menschen hier fliegen. Der Mythos hat seinen Ursprung in einem abgestürzten Flugzeug, welches im Krieg über der Region niederging.

Wada und Ujiie, die eigentlich wegen der Mine gekommen waren, geraten immer tiefer in den Bann der Sage und werden Teil des dörflichen Lebens. Besonders für Ujiie, der in seinen Träumen von den Taten seines kriminellen Lebens in Japan verfolgt wird, bietet das Bergdorf ein Refugium.

Schließlich entscheidet sich Ujiie im Dorf als Wächter des Geheimnisses zu bleiben und nicht mit Wada zurück nach Japan zu gehen. Die Mine soll nicht erschlossen werden und damit das Dorf vor äußeren Eingriffen bewahrt werden.


Filmemacher Takashi Miike ist eine Maschine. Neben diesem Film brachte er im selben Jahr noch drei weitere Filme in die Kinos. Seine Schaffensphase umfasst bis dato mehr als 100 Filme und er scheint seinen Ruhestand noch nicht geplant zu haben. Dieses Jahr kamen bereits zwei Filme und eine Serie unter seiner Leitung heraus und die nächste Produktion für 2018 wird gerade abgedreht.

Unter diesem Output leiden meist viele seiner Filme. Quantität statt Qualität. "The Birdpeople in China" markiert einen Höhepunkt seiner Karriere, der auf die typischen Merkmale seiner Filme, Gewalt und Sex, fast komplett verzichtet. Das Trashige seiner Direct-to-Video Produktionen findet sich hier nicht. Gleichzeitig steht der Film in der Tradition vieler anderer Filme von Miike. Er lässt seine Protagonisten zu fremden Orten reisen und in Kontakt mit den dortigen Einheimischen treten. Miike ist fasziniert von dem Fremden.

Bereits in seiner "Black Society"-Trilogy (1995-1999) beschäftigte er sich mit Einwandererfiguren im kriminellen Milieu. Später lässt er seine Figuren, wie beispielsweise in "The Guys from Paradise" (2000), nach Manila reisen.

Was in "The Birdpeople in China" auffällt ist die Kritik an der modernen, japanischen Gesellschaft. Die Welt scheint in Japan anders, schneller zu ticken als im Rest von Asien. Die Menschen beginnen unter dem Lebensdruck zu leiden. China wird als Quelle der Erholung, als unberührtes Reservoir inszeniert, durch dessen Einfluss die japanischen Charaktere wieder zu sich selbst finden. Im Film äußert sich dies angefangen beim Licht über den Schnitt bis hin zu den Kostümen. Das moderne Japan wird dem traditionellen China gegenübergestellt.

Indirekt kommentiert Miike damit die Entwicklung Japans, die zu einer Abspaltung von China führte. Der große Nachbar China sollte nicht mehr als Vorbild dienen, sondern der Westen und die USA. Dabei hat die Gesellschaft bestimmte Werte, ihre innere Ruhe aufgegeben, um dafür in der Globalisierung mithalten zu können.

Miike gibt mit diesem Film wieder etwas Freiheit und Spielraum für Fantasie zurück. Ujiie, der am Ende des Films als eine Art Gatekeeper im Dorf zurückbleibt, garantiert die Bewahrung dieses magischen Ortes und schützt die Idylle vor den Einflüssen der Globalisierung. Seine Figur durchläuft den größten Wandel in der Geschichte. Seine Gewaltausbrüche zu Beginn des Films werden, je länger er sich im Dorf aufhält, weniger und er tauscht seinen weißen Yakuza-Anzug gegen das traditionelle Dorfgewand.

Ein, für Miike, ungewöhnlich märchenhafter Film, der auf den zweiten Blick viel über das chinesisch-japanische Verhältnis aussagt.

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