#82 "Ginga Tetsudo 999" (1979)

"Ginga Tetsudo 999"

aka

"Galaxy Express 999"

"Galaxy Express 999" ist ein Film von Regisseur Rintaro, der als Mitbegründer des Animationsstudio Madhouse ("Ninja Scroll" 1993, "Perfect Blue" 1997, "Death Note" 2006, "One Punch Man" 2015) eine Legende der Popkultur ist. Seit den 60ern, beginnend bei der Kultserie „Astro Boy“, bestechen Rintaros Vefilmungen von Mangas ("Harmagedon" 1983, "Take the X Train" 1987) durch ihre Nähe zum ursprünglichen Stoff. Von den zahlreichen TV-Serien, OVAs und sonstigen Filmen, ist die Verfilmung von Leiji Matsumotos Manga "Galaxy Express 999" sein Signature Film.

"Galaxy Express 999" schrumpft die 113-teilige, gleichnamige TV-Serie auf zwei Stunden zusammen und erzählt sie zu Ende. Interessanterweise erschien der Film noch bevor die Serie im Fernsehen zu Ende gelaufen war, und nahm damit das Ende der Serie vorweg. Held ist Junge Tetsuro, der mit dem Galaxy Express 999 zum Planeten Andromeda reisen will. Dort befindet sich eine große Fabrik, in der Menschen zu Robotern umgebaut werden und somit Unsterblichkeit erlangen. Tetsuro, Anführer einer Gruppe von jugendlichen Taschendieben, möchte dorthin um als Cyborg die Mörder seiner Mutter töten. Das unerschwingliche Ticket für den Galaxy Express besorgt ihm die elfenhafte Maetel, die ihn auch vor der Polizei rettet und zufällig wie das Ebenbild seiner Mutter aussieht. Zusammen beginnen beide ihre Reise mit dem intergalaktischen Zug.

Tetsuros Rache muss sich aber zunächst einmal gedulden. Bezugnehmend an der episodenhaften Struktur des Mangas, wird unser Held während einiger Zwischenstopps auf die Probe gestellt. Hier werden zahlreiche Nebenerzählstränge und Charaktere wie zum Beispiel Captain Harlock, Emeraldas oder Tochiro vorgestellt, die teilweise eigene Spin-off Serien bzw. Filme bekommen haben. Ohne dem Zuschauer nennenswerte Informationen über diese Figuren zu geben, versucht sich Rintaro an der Romantisierung des Fremden. Zwar macht Captain Harlock mit seinen Sprüchen und Auftreten einen coolen Eindruck, bleibt aber für diejenigen die die Serie nicht gesehen haben eine Randfigur ohne Tiefe. Eine wirklich große Rolle spielen diese Charaktere daher nicht und ihr Auftreten dient größtenteils als Füllmaterial und verwirrt mehr als das es die eigentliche Geschichte voranbringt.


So sehr sich der Film auf die visuelle Darstellung der fantastischen Welten konzentriert, so sehr verliert er die klassische Erzählstruktur aus den Augen. Der Bösewicht erscheint erst nach circa einer Stunde und dann auch nur für 5 Minuten. Obwohl der Film mit der Konfrontation enden müsste, dreht Rintaro die letzten 20 Minuten nochmal am Weirdness-Faktor und lässt die Story in eine ganz andere Richtung laufen. All das worauf einen der Film bis dahin vorbereitet hatte (bzw. haben sollte), ist innerhalb von wenigen Minuten abgefrühstückt und der Film geht über zu einem ganz anderen Finale. Logikfehler und Plotholes tun dabei ihr übriges.

Gelungenes Charakterdesign und guter Disco Soundtrack tragen zur einer einzigartigen Atmosphäre des Films bei, die aber die metaphysischen Fragen der Serie über die Seele und das Universum nur anschneidet. "Galaxy Express 999" schafft es nicht das Interesse des Zuschauers am Hauptcharakter Tetsuro zu wecken. Viel zu schnell und wahllos wird er von einer Situation in die nächste geworfen und seine eigentliche Rache verliert am Ende sogar an Bedeutung. Anders als bei der folgende Generation der Animes der 80er fehlt die Dynamik und der Film nimmt nie wirklich Fahrt auf.

Leiji Matsumotos transhumanistische Vision in der sich die Armen gegen die Reichen erheben, kommt in Rintaros "Galaxy Express 999" nur bedingt zur Geltung. Der Hybrid aus Melodrama und Sci-Fi bleibt auf jeden Fall in Erinnerung, verspielt aber auf Grund der vorhersehbaren Story und seiner Logikfehler einiges an Potenzial.

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